Lärmbekämpfung bei Motorradauspuffsystemen: UN-Gremium setzt globale Standards und Schranken

Veröffentlicht am 21.03.2025

Stephan Krückel Stephan Krückel

Die Vereinten Nationen haben neue Anti-Manipulationsvorschriften für Fahrzeugauspuffsysteme verabschiedet, die im März 2025 vom UNECE WP.29 (Weltforum für die Harmonisierung von Fahrzeugvorschriften) bestätigt wurden. Diese Regelungen werden erhebliche Auswirkungen auf den Nachrüstmarkt für Motorradauspuffanlagen haben. Künftig dürfen Nachrüstauspuffsysteme nicht lauter sein als die Original-OEM-Systeme, die sie ersetzen.

Die UN und die Industrie haben übermäßigem Lärm aus Auspuffanlagen den Kampf angesagt und engere Grenzen gesetzt.
Die UN und die Industrie haben übermäßigem Lärm aus Auspuffanlagen den Kampf angesagt und engere Grenzen gesetzt.

Was ist das WP.29? Und warum reguliert die UN Fahrzeuge?

Dass die Vereinten Nationen für die technischen Spezifikationen unserer Fahrzeuge verantwortlich sind, wissen die wenigsten Verbraucher. Das “World Forum for Harmonization of Vehicle Regulations”, kurz WP.29, ist ein permanentes Arbeitsgremium innerhalb der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE). Dieses Forum existiert bereits seit 1952 und erhielt im Jahr 2000 seinen heutigen Namen.

WP.29 ist das zentrale UN-Gremium, das sich mit technischen Vorschriften für die Automobilindustrie befasst und dabei sowohl die Sicherheit als auch die Umweltverträglichkeit von Fahrzeugen im Blick hat. Obwohl ursprünglich mit europäischem Fokus gegründet, hat das Forum heute eine globale Reichweite mit aktiver Beteiligung von Ländern aus allen Kontinenten.

Die Arbeit des WP.29 basiert auf drei UN-Abkommen, die 1958, 1997 und 1998 verabschiedet wurden. Diese Abkommen bilden den rechtlichen Rahmen für die Entwicklung und Implementierung technischer Vorschriften für Kraftfahrzeuge. Das Forum ist in sechs ständige Arbeitsgruppen unterteilt, darunter eine für Lärm und Reifen (GRBP), die maßgeblich an den neuen Auspuffregulierungen beteiligt war.

Die neuen Auspuffvorschriften im Detail

Die neuen Vorschriften sind Teil der dritten Änderungsserie zur UN-Regelung Nr. 92 und zielen insbesondere auf die Entfernung von sogenannten “DB-Killern” in Auspuffsystemen ab. Diese Schalldämpfereinsätze werden von manchen Motorradfahrern und Herstellern von Nachrüstauspuffanlagen entfernt, um die Motorleistung zu verbessern und lautere Auspuffgeräusche zu erzeugen, wie Branchenexperten berichten.

Antonio Perlot, Generalsekretär der European Association of Motorcycle Manufacturers (ACEM), betont die Bedeutung dieser Maßnahme: “Die Verabschiedung der neuen Anti-Manipulationsvorschriften ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Motorrad-Ersatzauspuffsysteme, die nicht vom Originalhersteller stammen, die aktuellen regulatorischen Standards erfüllen. Dieser positive Schritt wird Maßnahmen gegen übermäßigen Lärm verstärken und auf Bedenken von Bürgern und politischen Entscheidungsträgern eingehen.”

Die neuen Bestimmungen sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der ACEM, Herstellern von Nachrüstauspuffanlagen und der International Motorcycle Manufacturers’ Association (IMMA). Bereits 2023 veröffentlichten sie gemeinsame Richtlinien zur Reduzierung illegaler Auspuffmodifikationen, die zu mehr Lärm führen. Diese Richtlinien haben die neuen Vorschriften maßgeblich beeinflusst und adressieren wichtige Umweltbedenken.

Die Änderungen wurden auf der UNECE GRBP-Sitzung (Working Party Noise and Tyres) im September 2024 finalisiert und im März 2025 vom WP.29 validiert. Sie sind nun Teil der EU-Typgenehmigungsrahmenverordnung (EU) 168/2013, die die Einhaltung der UNECE-Verordnungen Nr. 92 und Nr. 41 für Motorradauspuffsysteme sicherstellt.

Auswirkungen auf Motorradfahrer und Industrie

Ein wesentlicher Aspekt der neuen Regelungen betrifft die DB-Killer oder Schalldämpfereinsätze. Bisher konnten diese Bauteile, die am Ende des Schalldämpfers angebracht sind und die Lautstärke reduzieren sollen, in vielen Fällen leicht entfernt werden, was zu einer deutlichen Erhöhung der Lautstärke führte. Die neuen Richtlinien klären die technischen Anforderungen, um die Robustheit der Befestigungslösungen für Schalldämpfereinsätze und DB-Killer zu gewährleisten und deren einfache Entfernung zu verhindern. Wie Branchenexperten erklären, werden Schalldämpfereinsätze in Zukunft wahrscheinlich vollständig in das Auspuffsystem integriert, was ihre Entfernung erschweren oder sogar unmöglich machen wird.

Die ACEM teilt nach eigenen Angaben die Bedenken von Bürgern, Politikern und Regulierungsbehörden hinsichtlich der Auswirkungen von Lärm im täglichen Leben. Wie der Verband mitteilt, werden Schallemissionen von Motorrädern in der EU bereits seit den 1990er Jahren durch europäische Typgenehmigungsanforderungen reguliert, die Höchstwerte festlegen.

Für die produzierende Industrie sind diese harmonisierten Vorschriften deshalb von Vorteil, weil sie den internationalen Handel erleichtern und Handelshemmnisse abbauen. Hersteller können ihre Fahrzeuge nach einheitlichen Standards entwickeln und müssen nicht für jeden Markt unterschiedliche Versionen produzieren.

Während Hersteller und Umweltschützer die neuen Anti-Manipulationsvorschriften unterstützen, befürchten einige Enthusiasten, dass diese die Möglichkeiten zur Individualisierung einschränken werden. Das Ziel des Maßnahmenpakets jedoch ist klar: Es soll helfen, die Lärmbelastung zu reduzieren und eine umweltbewusstere Motorrad-Community zu fördern.

Fazit:

  • Neue Anti-Manipulationsvorschriften für Motorradauspuffanlagen wurden vom UN-Gremium WP.29 verabschiedet und im März 2025 bestätigt
  • Das WP.29 ist ein oft übersehenes, aber wichtiges UN-Gremium, das weltweite Standards für Fahrzeugtechnik entwickelt und durchsetzt
  • Nachrüstauspuffsysteme dürfen nicht lauter sein als die Original-OEM-Systeme
  • DB-Killer und Schalldämpfereinsätze müssen künftig fest verbaut sein und können nicht mehr einfach entfernt werden
  • Die Regelungen sollen übermäßigen Lärm reduzieren und auf Bedenken von Bürgern und politischen Entscheidungsträgern eingehen